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» Verein » Biken » Radsport | 21.06.2011 | (1305)

Rhön 2011 - mit dem Mountainbike unterwegs zwischen Trollblume und Silberdistel

Lupinien, Lupinen, Loppinien oder doch Lubinen?
Eine Tour auf der Suche nach dem rechten Blumenname

Wenn sich vier Eifelmänner auf den Weg machen, ein weiteres mitteleuropäisches Mittelgebirge von floristischem Weltrang mit ihren Fahrrädern zu erkunden, so arten die während der Tour geführten Diskussionen zwischen Wadenkrämpfen und Oberschenkelbrennen gerne auch in bisher unbekannte floristischen Bahnen aus. Nicht zu unterschätzen ist dabei die Fachkompetenz der mitgereisten Botaniker, welche es verstehen, die Fachgespräche in Hallenbuchenwäldern und auf Kalkmagerrasen auf doch so weltbewegende Themen wie die Wartungsfreundlichkeit von Scheiben- und Felgenbremsen zu lenken. Doch jetzt ungebremst und in aller Kürze zu den sportlichen und floristischen Highlights der Tour.

Einrollen über den „Lausbub der Rhön“
Die Regenschauer im Rhein-Main-Gebiet zurückgelassen startete die erste Tour ganz gemächliche ausgehend von der Basisstation in Gersfeld talabwärts entlang der Fulda mit abendlichem Gegenlicht und ordentlichem Rückenwind. Der Wachtküppel, auch „Lausbub der Rhön“ genannt, liegt mit einem fantastischen 360 Grad Rundumblick verständlicherweise nicht im Tal sondern auf einem angrenzenden Höhenzug. Picture Kein Problem zum Einfahren bot der Aufstieg mit Kalle vorneweg vorbei an den weniger bedeutenden Fichtenmonokulturen des Gersfelder Forstes. Der Mühe Lohn war am ersten Abend nicht nur das einzigartige Wachtküppelschnitzel, sicher mit Bärlauch aus der nahen Umgebung, sondern der grandiose Ausblick auf die in den nächsten Tagen zu bezwingenden Berge. Picture

Strampeln über die hessischen Gipfel
Am Vortag noch aus der sicheren Ferne des Wachtküppels bestaunt sollte es heute Wahrheit werden, die Befahrung aller – oder zumindest fast aller – sehr bekannten, hessischen Rhöngipfel. Bereits unten im Gersfelder Talkessel blühte am Rand ganz eifrig der Storchenschnabel auf den Wiesen vor sich hin, da fiel es kaum auf, dass auch wir bis hier nur so vor uns hin fahren mussten. Doch mit sich ändernder Vegetation änderte sich auch schlagartig die Steigung der Wege. Das Rote Moor, auf dem Weg zur Wasserkuppe unsere erste Station, haben wir ganz direkt über Moosbach auf dem neuen Premiumwanderweg „Hochrhöner“ erreicht. Picture Keine Ahnung habe ich leider, wie steil genau auf welcher kurzen Strecke der Aufstieg war, aber auf der Übersicht unseres „Toursmartphonbegeisterten Mitstreiters“ Thomas lässt sich alles wunderbar rekapitulieren, vorausgesetzt der Akku ist ausreichend geladen. Vielleicht geht der Trend bald wieder zurück zum Dynamo, muss ja nicht zwingend ein Licht daran hängen. Von den Kapartenbirkenwäldern im Roten Moor schwer beeindruckt, aber noch immer mit leichten Beinen, ging die Tour weiter zu Hessens höchsten Gipfel, der Ort an dem die Bratwurst lockte. Selbstverständlich haben wir die Fuldaquelle als zwar wenig beeindruckenden aber auf der Sehenswürdigkeitenliste doch wichtigen Punkt angefahren und zusammen mit einigen motorisierten Bikern bestaunt. Picture „Männers, was darf es sein…“ auf der Wasserkuppe, dem Hochpunkt der Strecke, kündigt sich eine länderübergreifende Bratwursttradition an. Thüringische Bratwurst auf Hessens höchstem Berg Picture mit Blick auf den Kreuzberg, der fränkische Berg der Bayerischen Rhön überhaupt. Und das alles über die weitläufigen Matten, welche bewachsen mit Borstgrasrasen auch den Flugsportlern ihren Anlauf bieten. Sport ist auch im Winter in diesen Breitengraden beliebt, so entstanden zahlreiche Skipisten, die uns am Rand als super Abfahrt dienten, nicht zu vergessen das ein oder andere Fotoevent am auffallenden Fliegerdenkmal. Picture Abtsroda, Weiherberg, Fohlenweide und jetzt der wohl imposanteste Gipfel der gesamten Tour, welchen die Rhöner dem Heiligen Gangolf zu verdanken haben, denn schließlich hat dieser den Riesen Mils erlegt, auf dessen Haupt wir uns dann kämpfen durften. Ohne Frage, wir hatten nicht nur dem Heiligen Gangolf in der katholischen Rhön zu danken, sondern auch dem Wetterpatron Petrus, denn erst von hier oben, vom Haupt des Riesen Mils, wurde uns die Wetterlage so richtig klar- wir waren dem Regen dank zügiger Fahrweise über Stock und Stein entkommen! Ein Radler den Radlern und Energie im Form diverser Eintöpfe für die Beine nach den heftigsten Höhenmetern des Tages lies abfahrend von der Milseburghütte die Laune doch noch besser werden, als sie sowieso schon war. Picture Da bedurfte es kaum eines Blickes auf die fantastisch blühenden Weiden, auf denen sich die Rhönschafe gütlich taten. Das Fleisch der Rhönschafe ist im Übrigen bereits von Napoleon über alle Maße gelobt und als königliches Fleisch betitelt worden. Aber unser ganz eigener Napoleon Thomas von Pötschke kann hierzu sicher viel mehr berichten. Im Künstlerdorf Kleinsassen angekommen haben wir dann auch noch den Rhöner Weideochsen passieren lassen, bevor wir uns leichten Trittes wieder den Berg aufwärts auf den Stellberg begaben. Dass hier Weidzäune mit Strom ausgestattet sind, hat sich seit dem bis in die Eifel herumgesprochen. Vorbei an der Maulkuppe und dem Kletterparadies Steinwand haben wir nach einer angenehmen Pause mit Omas Apfelkuchen endlich wieder einen Berg bezwungen, die Ebersburg. Der finale Bergblick des Tages, ritterlich auf dem Ruinenturm stehend, entschädigte wohl jeden von uns. Jetzt galt es nur noch Siggis „Klaren“ einzunehmen und durch das schöne Fuldatal leicht bergauf zu unserer netten Hausherrin, Frau Jäger Senior, in Gersfeld, zu radeln.

In Bewegung setzen zum heiligen Berg der Franken
Picture Heilig ist den Franken sicher allerlei. Sei es der ein oder andere Feiertag, der Dialekt aber wohl vor allem wohl der Kreuzberg und das dazugehörige Kreuzbergbier. Auch wenn der Hopfen kein Rhöner floristischer Höhepunkt ist, ein Ziel war für uns auf dieser Tour aber natürlich auch der Kreuzberg. Verstärkt durch die Rhöner Eigengewächse Siggi und Stephan haben wir den Weg zum heiligen Berg der Franken über die Schwedenschanze und den Arnsberg gewählt. Flankiert von eifrigen Soldaten des nahegelegenen Truppenübungsplatzes konnten wir uns sicher an den Aufstieg wagen. Die alte Klosterstraße bot uns eine fahrtechnische Herausforderung, die wir aber dank unseres langjährigen Trainings auf den Eifelhöhen ohne auch nur kurz absteigen zu müssen gemeistert haben. Ausnahmen gibt es immer. Und da war sie wieder am Wegesrand, die Lupine, in der Rhön nur optisch geliebt, unter allen Rhönbotanikern aber als „eingeschleppte“ Pflanze, welche die Böden mit Nährstoffen anreichert, sehr unbeliebt. Wohlgemerkt, wir wissen jetzt alle wie eine Lupinie, Lupine, Lubine… aussieht – wirklich jeder! Kreuzbergbier und Weißwurst als Motor für den Gipfelspurt konnten wir gut gebrauchen, denn schließlich galt es unter der mächtigen Kreuzigungsgruppe Napoleon persönlich kennenzulernen, ein nicht alltäglicher Anblick der alle in den Bann zog. Abwärts über die längste Skipiste der Rhön, fast so schön wie ein einsamer Singletrail, haben wir uns dann in Richtung des Würzburger Hauses fortbewegt.
Picture Picture Picture
Wären hier am Boden nicht die Charakterpflanzen der Rhön, die Silberdisteln, zu sehen gewesen, so wären wir vermutlich in unserem Eifer des Bergeerklimmens gar nicht mehr zu bremsen gewesen. Das Würzburger Haus war nicht nur Verschnaufstation, sondern auch die Aussiebstation, die unsere zwei Tourguides nutzten, uns alleine weiter fahren zu lassen.Picture Den angebrochenen Nachmittag haben wir erst auf dem Holzberghof und darüber hinaus auf dem Heidelstein bei einem kurzen Mittagsschlaf so richtig genutzt. Ob wir dabei auch eine Teufelskralle platt gelegen haben?Über das Langlaufleistungszentrum Rotes Moor und die einzigartige Kaskadenschlucht haben wir jegliche Mountainbikegeschicklichkeiten bei der Abfahrt eingesetzt, so dass wir durchaus müde in das Rhönstädtchen Gersfeld am frühen Abend einrollten. Dass wir an den Abenden kulinarisch weder klassisch hessisch noch typisch bayerisch unterwegs waren, ist wohl dem Picture gastronomischen Gersfelder Angebot geschuldet. Wir haben hier mit großem Genuss die verloren gegangene Energiereserven auf italienisch, gut bürgerlich mitteldeutsch oder auch asiatisch wieder hergestellt. Zudem bot die Therme vier müden Männern vier wunderbare Liegen mit Blick auf mehr als vier bunte Kuhweiden. Nicht zu unterschlagen für diesen Reisebericht ist das Championsleagefinale am letzten Abend, welches selbst Gersfelder Restaurantbesitzer dazu bewegte, eine Großbildleinwandshow für die fern angereisten Gäste anzubieten.

Aufwärts schwitzen im Tal der Liebenden
Der letzte Anstieg über ein schmale, steile Straße war so lange von uns gewünscht, auf einer Mountainbiketour ein gewisses Rennradgefühl. Doch vorher galt es nach dem wie immer guten Frühstück einen Steinbruch auf dem Gipfel der Großen Nalle zu ersteigen. Und „ersteigen“ ist hier wörtlich, da wir vorbei an ganzen Gruppen von Orchideen das Rad gegen die Wanderschuhe an der ein oder anderen Passage eintauschen mussten. Picture Nicht nur wegen des grandiosen Blickes hat sich dieser Tausch auf jeden Fall gelohnt, denn Kalle hat seinen Urlaubsstein mitnehmen können und Thomas seine Bergsteigertour für diesen Urlaub verbucht. Picture Die Abfahrt, gekrönt vom langsamsten Sturz der westeuropäischen Moutainbikegeschichte, brachte uns in das Gichenbachtal, auch von manch Einheimischem als das Tal der Liebenden beschrieben. Zum Verlieben war hier insbesondere der Biergarten an der Haderwaldhütte, nicht nur wegen des Essens und Trinkens, nein – vor allem wegen der speziellen Atmosphäre, die allen den Lachmuskelkater zusätzlich zu den Beinverhärtungen bescherte. Picture Hart genug waren die Beinmuskeln dann aber erst so richtig nach der wirklich finalen Steigung und einer grandiosen Abfahrt zum sonnigen Tourende. Ob 2.900 oder 3.500 Höhenmeter sowie 120 oder 160 Mountainbikekilometer in vier Tagen ist, so glaube ich am Ende dieser Tour gar nicht so entscheidend. Am wichtigsten ist doch nur eines, die Lupine ist schön!
(Weitere Fotos in der Bildergalerie)


David Baier, Radsportgruppe TuS Löhndorf




 

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